Arbeitszeugnisse richtig deuten
Irgendwie liest sich jedes Arbeitszeugnis gleich. Das denkt man in jungen Jahren, ist stolz auf den ersten A4-großen Zettel, in dem steht wie fleißig man ja ist und dass man sich stets Mühe gab und immer um Pünktlichkeit bemühte. Dabei sagt das im Grunde genommen gar nichts Gutes aus. Wer sich mit der Ausdrucksweise in Arbeitszeugnissen mal genauer befasst hat der weiß, dass darin generell nichts offensichtlich Schlechtes stehen darf, um dem Arbeitnehmer seine Chancen auf eine neue Stelle nicht zu verbauen. Doch darin verstecken sich leider ausgesprochen viele Möglichkeiten, etwas nett zu verpacken und hinter dieser Formulierung leider genau den gegenteiligen Sinn zu verstecken. Vor allem für Bewerber, die gerade fertig sind mit dem Fernstudium und nebenher arbeiteten, ist das Wissen um diese gemeinen kleinen Hinweise regelrecht Gold wert.
Inhaltsverzeichnis
Ist ein Arbeitszeugnis notwendig?
Diese Frage würde jeder Jurist mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten.
Ein Arbeitszeugnis ist wichtig um einhergehend mit dem tabellarischen Lebenslauf die Richtigkeit der Angaben des Bewerbers zu unterstreichen.
Zudem sind ausführliche Arbeitszeugnisse auch Zeugnisse dafür, was der entsprechende Bewerber bereits für Tätigkeiten erlernen durfte und was genau seine Fertigkeiten sind.
Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?
Es gibt zwei verschiedene Varianten des Arbeitszeugnisses: Das einfach Arbeitszeugnis beschreibt ausschließlich die Dauer der Tätigkeit und die Art der Aufgabenfelder.
Dieses einfache Arbeitszeugnis gleicht einer schlichten Bescheinigung darüber, wann der Arbeitnehmer bei wem in welcher Form beschäftigt gewesen ist. Eine Wertung gibt es hier nicht.
Das ausführliche (oder qualifizierte) Arbeitszeugnis ist angebracht bei einem Arbeitsverhältnis, das länger andauerte. Länger im Sinne von ab der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Einhaltung der Kündigungsfrist. Auszubildenden muss generell ein solches Zeugnis erstellt werden. Es gehört unterschrieben und wohlwollend formuliert.
Bis zu 30 Jahre hat man als Arbeitnehmer das Recht, ein Arbeitszeugnis beim ehemaligen Arbeitgeber anzufordern, so die Rechtsprechung. Verschicken muss dieses der ehemalige Arbeitgeber jedoch nicht, der zuvor Angestellte hat die Pflicht, sich dieses Arbeitszeugnis persönlich abzuholen. Wenn der Ex-Mitarbeiter jedoch glaubhaft belegen kann dass er zeitnahe nicht dazu in der Lage ist, das Arbeitszeugnis abzuholen, so muss es der ehemalige Arbeitgeber auch versenden.
Gefaltet gehört das Arbeitszeugnis übrigens nicht, es muss gänzlich unversehrt bleiben.
Was bedeutet denn was Schlechtes, obwohl es gut klingt?
Das sind die gemeinen Stellen im Arbeitsleben: Man arbeitet nach eigenem Ermessen fleißig und ordentlich, bekommt ein Arbeitszeugnis und freut sich zunächst darüber, bis jemand kommt der das liest und einen darauf hinweist, was darin wirklich steht. Daher ein paar Tipps, um Stolperfallen zu vermeiden:
„Er/Sie bemühte sich stets um Pünktlichkeit“ – Der Bewerber hat ein schlechtes Verhältnis zur Uhr und war nicht immer rechtzeitig an Ort und Stelle.
„Er/Sie war kritikbereit“ – aber nicht kritikfähig.
„Herr/Frau XY kam überwiegend in vorbildlicher Kleidung zur Arbeit“ – Dem war also nicht so.
„Immer konnten wir bei Frau/Herrn YX mit einem freundlichen Auftreten rechnen“ – Das klingt nichtig, wieso erwähnt man sowas explizit? Weil es daran Mängel gab!
„Der Mitarbeiter trug mit seiner geselligen Art zur Verbesserung des Betriebsklimas bei“ – Hier liegt ein Alkoholproblem vor.
„Falls erforderlich, hat Frau/Herr YX auch mal an der Kasse gearbeitet“ – Soll heißen: Nur im Notfall, freiwillig machte der Mitarbeiter keine Extra-Aufgaben.
„Für Belange der Belegschaft/des Kollegiums bewies er/sie immer Einfühlungsvermögen“ – Der Angestellte suchte sexuelle Kontakte in der Firma.
„Er/Sie zeigte Verständnis für seine/ihre Arbeit“ – Leistung wurde nicht erbracht.
Diese kurze Liste der möglichen Stolperfallen klingt boshaft. Immer mehr Arbeitgeber gehen daher dazu über, dass die Mitarbeiter ihr Arbeitszeugnis selbst schreiben. Das ist zulässig und immer gängiger, weil fair.
Im Zweifel kann man sein Arbeitszeugnis einem Experten vorlegen, der es gegenliest und Verbesserungsvorschläge erbringen kann.
Wie komme ich an ein ordentliches Arbeitszeugnis?
Zunächst sollte ein höfliches Gespräch folgen mit der Rückfrage nach einem Arbeitszeugnis. Manchmal ist es schwierig, sich dahingehend zu verständigen. Nämlich gerade dann, wenn der Arbeitnehmer ungern gegangen lassen wird und selbst kündigte.
Danach kann auch schriftlich um das Zeugnis gebeten werden, später auch mit der Anmerkung der gesetzlichen Pflicht des Arbeitgebers.
Sollte alles nichts bringen, darf eingeklagt werden. Bis zu 30 Jahre lang hat ein Arbeitnehmer das Recht dazu, sein Arbeitszeugnis einzufordern.
Wurde ein Arbeitszeugnis ausgestellt dass entweder Unwahrheiten enthält, Fehler oder „Fallen“, darf der ehemalige Arbeitnehmer hier um Änderung bitten und diese Erwartung sollte von Ex-Arbeitgeber auch nach besten Wissen und Gewissen nachgegangen werden.